Alumna im Porträt: Lina Josephine Ganseforth, LL.M., Mag. rer. publ.

© Lina Josephine Ganseforth

Lina Ganseforth arbeitet als Rechtsanwältin bei der Fieldfisher LLP in Hamburg und ist EULISP-Absolventin des 23. Jahrgangs mit Auslandssemester an der University of Strathclyde in Glasgow, Schottland.

03.05.2021 – Interview

Liebe Lina, du hast das EULISP im Jahrgang 2017/2018 erfolgreich abgeschlossen. Was war deine ursprüngliche Motivation, dich für das EULISP zu bewerben?

Tatsächlich wurde mein Interesse für das IP-/IT-Recht schon im ersten Semester geweckt. Damals hatte Prof. Axel Metzger den damals noch neuen LL.B.-Studiengang zum IT- und IP-Recht vorgestellt. Und da ich mich zu diesem Zeitpunkt nur für das reguläre Studium der Rechtswissenschaften eingeschrieben hatte, sah ich darin schon zum damaligen Zeitpunkt eine spannende Möglichkeit, früh eine Spezialisierung zu erwerben. Im Rahmen der Einführungsvorlesung wurden zunächst klassische Beispiele aus dem Marken- und Designrecht, also zum Beispiel die Megablocks-Entscheidung und verschiedene andere Dinge, die sehr greifbar waren, vorgestellt, so dass ich mich für den LL.B. entschied. Außerdem habe ich vor dem EULISP während des LL.B. ein Jahr im Ausland studiert und dachte mir, dass ich gerne nochmal die Chance nutzen würde, mit internationalen Studierenden in Kontakt zu kommen, ein weiteres halbes Jahr im Ausland zu verbringen und dabei die Rechtsgebiete zu vertiefen, die mir wirklich Spaß machen. 

Welche EULISP-Inhalte haben dir rückblickend am meisten Freude bereitet? Und welche neuen Themen würden sich aus deiner Sicht dazu eignen, in das Curriculum integriert zu werden?

Da ich mich sehr für IP-rechtliche Themen interessiere, fand ich die markenrechtlichen Fragestellungen, aber auch die Veranstaltungen zum Urheberrecht sehr spannend. Im IT-Recht gefielen mir hingegen die Fragen zur rechtlichen Einordnung von Künstlicher Intelligenz (KI) und maschinellem Lernen, weshalb ich auch meine Masterarbeit zum Eigentum an (Maschinen-)Daten geschrieben habe.  Auch heute interessiere ich mich immer noch besonders für KI und die damit zusammenhängenden Themen, die auch im EULISP noch vertiefter behandelt werden könnten. Ich bin zudem der Auffassung, dass KI, in Zukunft eine immer wichtigere Rolle einnehmen wird, auch im Urheberrecht. Wie behandelt man etwa Werke, die durch eine KI geschaffen werden?  

Ein wesentliches Alleinstellungsmerkmal des EULISP ist die Konzentration auf die europäische Rechtssetzung im Bereich des IT-Rechts. Haben die Initiatoren des EULISP hier vieles richtig gemacht? Oder hättest du dir vielleicht noch mehr Bezüge zum deutschen Recht gewünscht?

Ich fand es tatsächlich so wie es war genau richtig, insbesondere, dass es weit mehr englischsprachige Vorlesungen gab als deutsche. Ich bin der Auffassung, dass dies dem Ruf des EULISP sehr guttut, da deutsche LL.M.s bisher immer noch als weniger wertvoll als im Ausland erworbene LL.M.`s gelten, da mit diesen keine Fremdsprachenerfahrungen nachgewiesen werden könnten. Diesbezüglich wird im EULISP vieles richtig gemacht. Zudem gab es auch einige Vorlesungen mit Bezügen zum deutschen Recht, die man unter Umständen auch auf Englisch abhalten könnte, um auch den internationalen Studierenden ohne Deutschkenntnisse einen Einblick in das deutsche Recht zu gewähren.

Welche Erinnerungen aus deinem ersten EULISP-Semester in Hannover sind dir am nachdrücklichsten in Erinnerung geblieben?

Fachlich ist mir das Seminar mit vielen spannenden Vortragsthemen sehr gut in Erinnerung geblieben.  Auf der sozialen Ebene hat mir die Führung in der Herrenhäuser-Brauerei sehr gut gefallen. Es hat sehr viel Spaß gemacht, denjenigen, die nicht aus Hannover bzw. nicht aus Deutschland stammten, eine klassische Brauereiführung bei der Herrenhäuser Brauerei („Herri“) zeigen zu können. Auch der Weihnachtsmarktbesuch war auch sehr, sehr schön. Das Rahmenprogramm bei EULISP war generell ausgezeichnet.

Lina, du hast dein zweites EULISP-Semester an der University of Strathclyde in Glasgow absolviert. Warum hast du dich für Schottland und die University of Strathclyde entschieden?

Ausschlaggebend war insbesondere, dass ich gerne wieder im englischsprachigen Ausland studieren wollte, um mein Fachenglisch zu vertiefen. Zudem hatte ich mich vorher eingelesen und herausgefunden, dass die University of Strathclyde eine ganze Reihe guter Vorlesungen zum IT-Recht anbietet.

Das bringt mich direkt zu meiner zweiten Frage. Welche Fächer bzw. Inhalte mit Bezug zum IP- und IT-Recht wurden dir in Schottland vermittelt?

Zum einem das Medienrecht, insbesondere zu Telemedien. Das war eine recht spannende und auch ungewöhnliche Vorlesung, die auf Fernbasis stattfand. Zur Leistungsüberprüfung sollten wöchentlich immer schriftlich bearbeitete Aufgaben eingereicht werden. Anfangs fanden wir es etwas gewöhnungsbedürftig, im Nachhinein hat es sich allerdings als eine ganz gute Vorbereitung auf Corona herausgestellt. Daneben gab es eine Präsenzvorlesung zum europäischen Urheberrecht. Gerade in Schottland sind die Dozenten eher europa-freundlich eingestellt und darauf bedacht, die EU-rechtlichen Inhalte umfassend zu vermitteln. Als Prüfungsart mussten wir am Ende des Semesters Essays schreiben, was eine grundsätzliche Besonderheit der Juristenausbildung in Großbritannien ist. 

Was hat dir abseits der Studieninhalte in Schottland insgesamt am besten gefallen und was ist dir besonders in Erinnerung geblieben?

Definitiv die Highlands! Die Natur war wirklich sehr beeindruckend. Wir haben jedes Wochenende dazu genutzt, Schottland zu erkunden, sei es für ein komplettes Wochenende auf der Isle of Skye oder auch nur mal für einen Tagesausflug nach Loch Lomond oder Edinburgh. Daneben hat mir die Pubkultur sehr gut gefallen, da diese Kultur des persönlichen Zusammenkommens in Kneipen oder ähnlichem in Deutschland immer weiter zurückgegangen ist; was schade ist. Pubs in Schottland bzw. allgemein in Großbritannien sind soziale Begegnungsorte, wo man isst und trinkt und sich dabei entspannt miteinander unterhält.

© Lina Josephine Ganseforth

Nach dem EULISP hast du dein Rechtsreferendariat in Hannover begonnen. Haben die Ausbildungsinhalte des EULISP die Wahl deiner Stationen im Referendariat beeinflusst? 

Sogar sehr! In den ersten beiden Stationen bei Gericht und in der Staatsanwaltschaft natürlich weniger, aber in der Verwaltungsstation bin ich an die Deutsche Universität für Verwaltungswissenschaften in Speyer gegangen und habe bewusst Kurse ausgewählt, die die Digitalisierung der Verwaltung betrafen. In der Anwaltsstation konnte ich bereits bei Taylor Wessing in Hamburg Einblicke in die anwaltliche Tätigkeit in den Bereichen Marken- und Wettbewerbsrecht gewinnen. Und in der Wahlstation hat es mich schließlich in das Bundesministerium für Bildung und Forschung verschlagen, genauer gesagt in das Referat für „Ethik und Recht; Rahmenbedingungen der Digitalisierung“, das sich verstärkt mit wissenschaftsfreundlichem Urheberrecht und der Regulierung von KI befasst hat. Übrigens habe ich bei den Bewerbungen für meine Referendariatsstationen  – und auch für den Berufseinstieg – immer wieder positive Rückmeldungen zum EULISP bekommen.  

Seit dem erfolgreichen Abschluss deines 2. Staatsexamens arbeitest du als Rechtsanwältin bei Fieldfisher im Hamburg und beschäftigst dich dort mit Fragen des privaten Medienrechts, mit weiteren Schwerpunkten im Äußerungs- und Presserecht. Dürfen wir davon ausgehen, dass die EULISP-Ausbildungsinhalte hier Teil deiner täglichen Arbeit sind? 

Ja, natürlich sehr. Abstrakt gesprochen befinden sich meine Kollegen und ich immer nah an aktuellen rechtlichen Fragestellungen, die ganz wesentlich von der Rechtssetzung der EU im Urheberrecht oder IT-Recht beeinflusst werden. Das EULISP hat mir insofern die wesentlichen Startvoraussetzungen verschafft, die es mir ermöglichen, mich schnell in die relevanten Rechtsgebiete einzuarbeiten und aktuelle, neue Gesetzgebung aus Brüssel in die bereits vorhandene Gesetzessystematik einzuordnen. Auch meine Englischkenntnisse, die ich während meiner Zeit in Glasgow verfeinern und praktisch anwenden konnte, kommen mir nun in meiner täglichen Arbeit sehr zugute.  

Wie würdest du das EULISP abschließend von seiner Bedeutung für deinen persönlichen Lebensweg einordnen? 

Das EULISP hat mich entscheidend in meiner jetzigen Berufswahl bestärkt und ist in informierten Fachkreisen ein echtes Qualitätsmerkmal juristischer Vorbildung im IP- und IT-Recht. Das liegt natürlich auch ganz wesentlich daran, dass das EULISP das älteste und inhaltlich umfangreichste Postgraduiertenstudienprogramm in diesen Gebieten ist und, meines Wissens, sogar noch heute das einzige, das einen so konsequenten Schwerpunkt auf das Europarecht in diesem Bereich legt.